Test Audi A6 150 kW TDI quattro (2025): Schönheit ist nicht alles (1)

Audi bittet zur „Aktion Upgrade“ und fährt die dickste Modelloffensive seit Jahren auf. Auch der neue Audi A6 als Limousine ist wieder ein feiner Wagen geworden. Doch es gibt auch Risse in der schönen Fassade.

Der neue Audi A6 (C9) auf einen Blick


Was uns gefällt

Der geschliffene Auftritt, von außen und beim Fahren.

Was wir vermissen

Das Audi-Qualitätsverständnis und ein schönes Lenkrad. Mit richtigen Tasten und so.

Ideal wenn …

… ohnehin die Beförderung ins Management winkt.

Die Alternativen

Die üblichen Verdächtigen aus Stuttgart (E) und München (5er).


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Design ohne Paketdenken

Schön ist sie geworden, die neue Audi A6 (C9) Limousine. So richtig schön sogar. Ganz so, als hätte Designer Francesco d'Amore einen richtig guten Tag gehabt. Oder wenigstens einen guten Espresso am Morgen. Vor allem das Heck: breit, satt, harmonisch. Mit einer Bügelfalte auf dem Kofferraumdeckel. Die Abgrenzung zum etwas kleineren A5 gelingt damit besser. Nicht wie beim A6 Avant, bei dem man gelegentlich zweimal hinschauen muss, bis man das korrekte Modell erraten hat.

Nur die stehenden Bremsleuchten… da darf ruhig ein bisserl gespöttelt werden. Aber Design ist bekanntlich eine Geschmackssache.

Am Ende kommt es auf den Gesamteindruck an, und da muss man es Audi lassen: Der neue Audi A6 schaut auch ohne S-Line-Paket (gerne selbst im Audi-Konfigurator prüfen) so aus, als hätte man ihn bewusst so gewählt und nicht, als hätte der Fuhrparkmanager wieder ein Kreuzchen vergessen. Ein entscheidender Vorteil, den der Fünfer BMW so nicht kennt: Der wirkt ohne M-Beplankung nämlich ungefähr so anziehend wie ein Wiesn-Tourist in der Plastik-Lederhose vom Discounter.

Dagegen zeigt der Audi sogar echte (!) Endrohre. Völlig unabhängig von der Motorisierung. Ein seltener Luxus in Zeiten der Fake-Blenden-Kultur.

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Der 2.0 TDI bekommt ein 48V-Turboloch-Krückerl. Aber wo ist eigentlich der V6-TDI?

An dieser Stelle müssen wir dann über die Motoren an sich berichten und da wird’s ein bisserl nüchterner. Vierzylinder dominieren das Programm - ausschließlich mit elektrischem Aufputz. Ein Sechszylinder-Benziner ist ab 70.000 Euro zu haben, aber ein V6-TDI ist erstmals seit 1997 nicht in Sicht. Für viele eine kleine Tragödie, aber ewig wird das großvolumige Dieseltier ohnehin nicht mehr grüßen.

Unser Testwagen dagegen ist der Vernunft verpflichtet. Mit der Zusatzbezeichnung „150 kW TDI quattro“ ist er 204 PS sowie 400 Nm stark und soll die Limousine nicht nur in gut 6,9 Sekunden auf Landstraßentempo beschleunigen, sondern auch beim Dieselverbrauch knausern. Höchstgeschwindigkeit? 241 km/h. Reicht eh, will man meinen. Und so ist es auch. Schließlich gab es eine ähnlich starke Motorisierung bereits als nebulös betitelten "40 TDI quattro" beim Vorgänger und hat so manchen Flottenkunden glücklich gemacht.

Neu ist der Triebstranggenerator (TSG). Ein kleiner Elektromotor an der Ausgangswelle des Siebengang-S-Tronic-Getriebes, der dem politisch in Ungnade gefallenen Selbstzünder einen letzten grünen Anstrich verleihen soll. Er ermöglicht nicht nur das rein elektrische Einparken, sondern auch das diesellose Fahren über mehrere hundert Meter hinweg. Also zumindest dann, wenn das System sich dazu bereiterklärt. Anders als etwa bei den Toyota-Vollhybriden hat man auf die Zuschaltung jedoch keinen Einfluss.

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Querdynamisch blüht der A6 auf

Jetzt liest es sich nicht nur so, als wäre der Antrieb reichlich komplex geworden, er ist es tatsächlich. Merklich wird dies auch für den Fahrer, wenn sich in aller Regelmäßigkeit das Turboloch-Krückerl ruppig dazu- und wieder abschaltet; und rollt der Audi dann doch einmal elektrisch, fiept die 48V-Einheit dezent, aber dauerhaft.

Immerhin: Ist der 2.0 TDI in Fahrt, fühlt er sich innerhalb seiner Systemgrenzen, wie das heutzutage gerne umschrieben wird, einigermaßen souverän an. Gut gedämmt, laufruhig, entspannt. Genau das, was man von einer Business-Limousine erwartet. Nur Wunder beim Zwischenspurt darf man eben keine verlangen. Für die Extraportion Überlegenheit auf der linken Autobahnspur bräuchte es halt mindestens zwei Zylinder mehr oder die umfassendere Elektrifizierung der eHybride.

Blickt man auf den vergleichsweise hohen Testverbrauch von 7,8 Litern auf 100 Kilometer, muss ohnehin gefragt werden, ob sich der mindestens 62.050 Euro teure Diesel noch lohnt. Denn bereits ab 65.800 Euro gibt es den allradgetriebenen Plug-in Hybrid, der Firmenwagenberechtigte in Deutschland dank der 0,5-Prozent-Regelung finanziell weniger belastet.

Abgesehen von der Motorenfrage ist dem A6 fahrdynamisch dagegen wenig vorzuwerfen. Die optionale Luftfederung? Ganz groß! Hinterachslenkung? Freilich! Und ein Segen im Parkhaus sowie auf der Landstraße. Kurven nimmt der 4,99 Meter lange Wagen auch dank des Allradantriebs mit einer unbekümmerten Präzision, dass selbst so mancher Porschefahrer staunt.

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Qualität reloaded? Noch nicht.

Etwas heikel wird es dann im Innenraum. Da haben sie sich bei Audi, bekanntermaßen, nicht mit Ruhm bekleckert. Bei einem Testwagenpreis von über 90.000 Euro ist jede Ausrede der Verantwortlichen zudem dünner als das verbaute (Kunst-)Leder. Kunststoffe, gerne wenig hinterschäumt, die ab der Gürtellinie einen gewissen Kostendruck nicht verschleiern können, spielen den Ingolstädtern ebenfalls nicht in die Karten.

Dass das Cockpit generell so aussieht, als hätten zwei Designteams gleichzeitig daran gearbeitet (und keines wusste vom anderen), macht die Sache nicht besser. Wir sagen da nur: Lenkrad! Den Beifahrerbildschirm kann man sich übrigens nicht schenken. Wird dieser nämlich nicht gewählt, blickt der Beifahrer stets auf einen Platzhalter aus Hochglanzplastik.

Zur Erinnerung, warum es hier vor Unmut aus den Zeilen trieft: Beim Vorgänger zogen wir hin und wieder Qualitätsvergleiche zu Bentley - heute schaffen Volkswagen und Skoda deutlich bessere haptische Erlebnisse (inklusive gefilzter Türtaschen). Das muss man erst einmal sacken lassen. Am besten, wenn man ohnehin grad vorne sitzt, denn hinten wird’s ab 1,90 Metern erstaunlich knapp. Nach vorn und nach oben. Der Kofferraum ist mit 492 Litern bemessen: geht schon.

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Nieselregen: der natürliche Feind der Zukunft

Geht nicht, müssen wir über Teile der Assistenzsysteme schreiben. So neigten die frontorientierten Systeme bereits bei Nieselregen zum kollektiven Versagen und die Schildererkennung lag öfter daneben als ein Wetterfrosch im April. Dass es dann auch noch zu einer wiederholten Motorstörung kam, lässt das Vertrauen in die eingesetzte Soft- und Hardware nicht unbedingt wachsen.

Nostalgiker freuen sich zum Abschluss beim Einparken über die niedrig aufgelösten Umfeldkameras. Sie erinnern an eine Zeit, als Smartphone-Kameras noch stolz mit zwei Megapixel beworben wurden.

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Fazit

Der neue Audi A6 ist besonders als Limousine ein Hingucker - keine Frage. Das Design gefällt, die Antriebstechnik um den 2.0 TDI mit MHEV plus funktioniert im Kern und auch fahrdynamisch macht er seine Sache gut. Doch besonders im Innenraum bleibt der Business-Audi hinter den Erwartungen zurück. Die Materialien schreien nicht gerade nach Premium, die Assistenzsysteme dürften es gerne etwas genauer nehmen und eine wiederkehrende Fehlermeldung aus dem Antriebsstrang (ähnliches kennen wir auch vom Audi S5 Avant) passt ebenfalls nicht zur gehobenen Preisklasse, in der sich der A6 bewegt. (Text: Thomas Vogelhuber | Bilder: Hersteller)

Technische Daten


Modell A6 Limousine TFSI A6 Limousine TDI (quattro) A6 Limousine TFSI quattro
Motortyp 4-Zylinder-Turbo mit MHEV plus 4-Zylinder-Turbo mit MHEV plus 6-Zylinder-Turbo mit MHEV plus
Hubraum in cm³ 1.984 1.968 2.995
Antrieb Front Front / quattro quattro
Leistung in kW (PS) bei /min 150 (204) bei 4.300–6.000 150 (204) bei 3.800–4.200 270 (367) bei 5.550–6.300
Max. Drehmoment in Nm bei /min 340 bei 2.000–4.000 400 bei 1.750–3.250 550 bei 1.700–4.000
Beschleunigung 0 auf 100 km/h in s 8,2 7,8 (6,9) 4,7
Vmax in km/h 244 244 (243) 250
Kraftstoffverbrauch kombiniert (l/100 km) 7,8–6,9 5,6–4,8 (5,8–5,0) 7,8–6,7
CO₂-Emissionen kombiniert (g/km) 177–157 146–126 (152–131) 177–153
CO₂-Effizienzklasse G–F E–D G–E
Grundpreis 55.500 Euro 59.300 Euro (62.050 Euro) 70.000 Euro

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