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Test Mercedes-Benz G 500: Älter. Härter. Besser?

Die Mercedes G-Klasse ist mittlerweile ein alter Recke auf der automobilen Weltbühne. Seit über 40 Jahren wird der Geländewagen nun in beinahe gleicher Form gebaut, seit 2018 steht die neueste Generation bei den Händlern. Unser Test zeigt, ob der W463 seinen ursprünglichen Charakter behalten konnte.

Mit der Mercedes-Benz G-Klasse verhält es sich, wie mit einem trashigen Schlagersong: Entweder man liebt ihn, oder man hasst ihn. Vor über 40 Jahren vordergründig als Militärfahrzeug konzipiert, avancierte der G über die Jahrzehnte zum Livestyle-SUV für die Prunkstraßen dieser Welt. Obschon man in Moskau, London oder Beverly Hills eher mit einem G 63 auftrumpfen kann, reicht in Österreich derlei ein ziviler G 500 (Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,5-12,1 l/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 263-276 g/km²), um den Blutdruck mancher Neuidiologen in ungeahnte Höhen schießen zu lassen. Doch wer nun meint, das Geschäft mit dem Kastenwagen laufe irgendwie schlecht, der irrt gewaltig. Auch in seiner Neuauflage bleibt die in Österreich mindestens 135.610,00 Euro teure G-Klasse ein wichtiger Standpfeiler im Stuttgarter Premiumangebot. Mitte 2019 erreichte man in der 40-jährigen Modellgeschichte gar einen neuen Absatzrekord – die Auslieferungen verdoppelten sich, die Wartezeiten sind dementsprechend lang.

Mercedes-G-500-Side

Ein Auto wie ein Panzerschrank

„Unsere“ G-Klasse hingegen hat schon einige Testredaktionen gesehen, wurde gescheucht, durch Schlamm und Dreck gejagt und sehr gewiss nur wenig geschont. Nach etwas über 10.000 Kilometern auf dem virtuellen Tacho glänzt der rubellitrote Lack aber immer noch wie frisch aus dem Werk. Und auch im Inneren merkt man nicht, dass hier schon zahlreiche Hände alle Ecken und Enden befummelt haben müssen. Es gilt: Selbst im Jahr 2020 ist eine G-Klasse der neuen alten Serie W463 ein Trumm, gefühlt gebaut für die Ewigkeit. Es beginnt mit dem Prozedere des Aufschließens. Die mechanischen Schlösser schnalzen lautstark aus ihrer Verankerung, mit schwerem Daumendruck am Haltegriff öffnen sich die Portale und um sie wieder zu schließen, braucht es abermals sehr viel Muskelkraft. Die Nachfrage nach einer Soft-Close-Funktion entbehrt jedem Verständnis für die G-Klasse und so kann es morgens um sechs schon zwei Anläufe dauern, bis die Tür wieder ins Schloss gefallen ist.

Mercedes-G-500-Steering

G-Klasse noch ohne MBUX

Alles an der Mercedes G-Klasse ist schwerer, als in einem normalen Benz. Jedoch meist satter, wertiger und so herrlich ursprünglich, dass man sich mindestens in die 90er, wenn nicht sogar in die 80er Jahre zurückversetzt fühlt. So lange zumindest, bis die Augen schließlich auf das optionale Widescreen Cockpit fallen. Jenes Anzeigenkonzept also, das zwei 12,3-Zoll-Bildschirme miteinander kombiniert und deutlich signalisiert, dass man sich eben doch in der Gegenwart befindet. Also fast. Denn trotz der Neuauflage der Mercedes G-Klasse im Jahr 2018, fehlt es an einem neuen Infotainmentsystem. MBUX hätte dem G weitaus besser gestanden, als das merklich angestaubte Comand-Interface mit seinen deutlichen Bedienmarotten. Das konnte oder wollte Daimler allerdings nicht liefern und so hat man wenigstens noch die Wahl, ob das Kombiinstrument einen Teil seiner Informationen mittels analoger Rundinstrumente anzeigen darf.

Mercedes-G-500-Engine2

G 500 mit tollem Achtzylinder

Um einen Startknopf, anstelle eines echten Zündschlosses, kommt man dagegen nicht mehr herum, was auch ziemlich egal ist, wenn man damit das Herzstück des G 500 erwecken darf. Es handelt sich um einen bärenstarken vier Liter großen Biturbo-Achtzylinder mit äußerst vehementen 422 PS und 610 Newtonmeter Drehmoment. Der V8-Antrieb kommt noch ohne Mild-Hybridisierung aus, setzt zum Spritsparen aber zumindest auf eine Zylinderabschaltung in den Fahrmodi Eco und Comfort. Doch ist der G 500 wohl eher nicht um den ökologisch-korrekten Vortrieb bemüht, sondern liefert beim beherzten Druck aufs Gaspedal lieber irrwitzige Fahrleistungen ab. Festgebremst im Stand bäumt sich der Vorderwagen bedrohlich auf, um anschließend über den permanenten Allradantrieb (Grundverteilung 40:60 Prozent) innert 5,9 Sekunden auf Landstraßentempo zu jagen. Untermalt wird das Schauspiel dabei von tiefem V8-Bollern aus den Sidepipes (und der Soundanlage), was zugleich auf wesentlich mehr Hubraum schließen lässt.

Mercedes-G-500-Rear

Spritverbräuche von Vorvorgestern

Doch sind es die zwei Turbolader, die für mächtig Antritt sorgen und im Zweifel auch dafür, dass bis zu 25 Liter durch die Einspritzdüsen jagen. Viel weniger als 17 Liter Superbenzin sind es meist nicht, die der G 500 heruntergurgelt und so ist man gut beraten, beim Kauf auf den optionalen 100 Liter Tank zu setzen. Wer nun bereits mit hochrotem Kopf vorm Bildschirm sitzt und sich fragt, wie sowas heute noch möglich ist, der sollte aufhören zu lesen. Denn der Karton mit dem cw-Wert einer industriellen Großküche läuft 210 Stundekilometer und erreicht dieses Tempo auch ziemlich flott und gar so gemütserhellend, dass man diese Unvernunft häufiger ausprobiert. Jenseits der 180 km/h wird es im G allerdings deutlich zügiger, die Windgeräusche nehmen zu und so auch der Bremsweg. Zwar beißen die üppig bemessenen Anker in aller Vehemenz zu; 2,5 Tonnen Lebendgewicht sorgen aber freilich dafür, dass der Anhalteweg ein paar Meter über dem eines VW Polo liegt.

Mercedes-G-500-Interieur

Endlich Einzelradaufhängung, hohes Gewicht bleibt

Und so fühlt sich der G 500 auf verwunden Berg- und Landstraßen trotz der neuen Einzelradaufhängung vorn nicht immer Pudelwohl, drängen die Pfunde ab einer gewissen Kurvenvehemenz doch deutlich über die Vorderräder ins Seitenaus. Meist kommt es aber soweit gar nicht, grätscht die Elektronik der G-Klasse dem flotten Fahrer früh in die zu forsch angefahrene Biegung. Diese Absicherung tut jedoch Not, um den großen Wagen nicht doch einmal aus mangelndem Talent auf den Außenspiegel zu legen. Fährt man dagegen etwas gesitteter durchs Hinterland, dann vernimmt man auch die spürbar bessere Lenkung im „neuen“ W463. Sie ist nunmehr elektromechanisch, endlich präzise und mit einer feinen Gewichtung versehen. Dazu passend: das optionale Adaptivfahrwerk.

Mercedes-G-500-Front

Offroad: A bisserl was geht immer

Es nimmt dem weiterhin auf einem Leiterrahmen aufbauenden G etwas von seiner Knochigkeit, lässt ihn allen voran auf der Autobahn kommod federn und kann auf der Landstraße für die nötigte dynamische Würze sorgen. Überwiegend ohne Fehl und Tadel ist auch die Neunstufen-Automatik. Sie schaltet meist unmerklich, hält sich im Hintergrund und nervt alleinig bei gleichmäßig gefahrenen Etappen um die Richtgeschwindigkeit durch häufige Schaltvorgänge zwischen Fahrstufe acht und neun. Doch ein G-Mercedes wäre kein G-Mercedes, wenn er nicht auch im Gelände punkten würde. Weit unter den Möglichkeiten eines Schöckl-geprüften Daimlers geht es für uns nur kurz in den Offroadpark um die Ecke. 24 Zentimeter Bodenfreiheit und eine Wattiefe von 70 Zentimetern sollten reichen, um den Allradler mit seinen steierischen Wurzeln durch den feuchten Morast zu tragen. Zur Sicherheit legen wir nur die mechanische Getriebeuntersetzung ein und aktivieren die mittlere Sperre, um nach einigen Metern feststellen zu müssen, dass der G 500 zutiefst gelangweilt ist.

Mercedes-G-500-Mud

Im Interieur behält die G-Klasse ihre Eigenständigkeit

Was nun etwas albern klingt, weil so ein G ja viel mehr leisten kann, ist dem Testwagenpreis geschuldet. Über 170.600 Euro lassen daran zweifeln, ob man mit dem G 500 wirklich ins harte Gelände fahren sollte, wo doch schon beim gemäßigten Geplänkel im Offroadpark der schwarze Innenraum schmutzbedingt stark gelitten hat. Braune Erdbrocken stehen dem AMG-Line-Interieur daher nur weniger gut zu Gesicht und wer will sich schon das edle Nappa-Leder mit Kieselsteinen aufscheuern? Insgesamt wirkt der Innenraum dabei sehr hochwertig gearbeitet, der Materialmix stimmt und trotz aktuellem Mercedes-Design, behält das Cockpit der G-Klasse seine Eigenständigkeit. Vor allem der Haltebügel für den Beifahrer und der filigrane Armaturenträger sind eine Klasse für sich. Weniger gefallen haben uns jedoch der recht billig wirkende Mitteltunnel und die Luftausströmer aus Plastik.

Mercedes-G-500-Schöckl

Fazit

Auch im Jahr 41 nach ihrem Debüt, ist die Mercedes-Benz G-Klasse eine Nummer für sich. Mechanisch, manchmal grob und insgesamt sehr ursprünglich, bewahrt Daimler den Geist eines nicht mehr ganz zeitgemäßen Autos in beinahe unverfälschter Form. Die Kunden lieben das und schwören auch weiterhin ihre G-Treue. Insbesondere der G 500 mit seinem bärenstarken Antrieb wirkt dabei wie aus dem Vollen geschnitzt. Ein Auto, das kein Wässerchen trüben kann, bis es an die Tankstelle geht. Wenngleich es Zeit wird, dass die G-Klasse das MBUX-System erhält und nicht jede Ecke im Inneren einem 150.000-Euro-Auto gerecht wird, ist es doch der abnorme Kraftstoffkonsum, der am ehesten Grund zur Kritik gibt. (Text und Bild: Thomas Vogelhuber)

Technische Daten*

  • Modell: Mercedes-Benz G-Klasse G 500
  • Motor: Achtzylinder-Biturbo, 3.982 ccm
  • Leistung: 422 PS (310 kW) bei 5.250 U/min
  • Drehmoment: 610 Nm bei 2.000 U/min
  • Antrieb: Allrad, 9-Gang-Automatik
  • Verbrauch kombiniert: 11,5-12,1 l/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: 263-276 g/km²
  • Beschleunigung (0 – 100 km/h): 5,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h (abgeregelt)
  • Abmessungen (L/B/H): 4,82 m/1,93 m/1,97 m
  • Gewicht: ca. 2.431 Kg
  • Tankvolumen: 75 l (100 l optional)
  • Grundpreis AT: 154.130,00 Euro

*Herstellerangaben

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