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Erster Test: Maserati Ghibli S Q4 – Verschärfte Allradgaudi

Schaut man allein auf die 375 Neuzulassungen in Deutschland im Jahr 2013 - Maserati wäre höchstens eine Randerscheinung. Doch die Traditionsmarke hat unvermindert Klang und Strahlkraft.

Wohl deshalb investiert der Fiat-Konzern derzeit auch mächtig und lässt mit einer langfristig angelegten Modelloffensive Maserati weiter erblühen. Jüngster Streich ist der Ghibli S mit dem traktions- und vortriebsstarken Allradantrieb Q4, der den Fahrspaß, aber auch den Preis weiter nach oben treibt. Mag der Name Maserati die Idee expressiver PS-Granaten in manchen Köpfen auslösen, kommt der als Konkurrenz für BMW 5er und Mercedes E-Klasse positionierte Ghibli doch erstaunlich unscheinbar daher. Sein Format entspricht einer Business-Limousine, die eher im Detail andeutet, zu den dynamischeren ihrer Zunft zu zählen. Der große Kühlergrill mit Dreizack-Emblem, die drei kleinen Luftöffnungen in den vorderen Kotflügeln sowie zwei Doppelauspuff-Endrohre setzen zusammen mit großzügig dimensionierten Rädern und Bremsen sportive Akzente.

Auch der mit einem guten Platzangebot für Gepäck und Passagiere gesegnete Innenraum bietet Sportwagen-Flair auf Understatement-Niveau. Karbon-Oberflächen in der Mittelkonsole und große Alu-Schaltwippen hinterm Lederlenkrad deuten die Idee seiner sportlichen DNA an. Ein großes Display in der Mittelkonsole und viel Leder künden zudem von einem gehobenem Luxusniveau.

Aufgeräumter Gleichteile-Schick

Dabei verblüfft der Ghibli einerseits mit einem sehr aufgeräumten und dennoch gut funktionalen und mit einigen praktischen Ablagen versehenen Arbeitsplatz. Materialien und Verarbeitung sind auf einem weitgehend hohen Niveau, allerdings zeigen sich im Detail auch die Zwänge einer kostenoptimierten Konzernstrategie. Denn: Die Machart einiger Zierleisten oder des Navi-Multimedia-Alleskönners kennt man aus dem Fiat Freemont oder Lancia Thema, die im Kern ja eigentlich Chrysler-Modelle sind. Und auch bei der Qualität finden sich leichte Schwächen, denn die Textilverkleidung der A-Säule schaute bei unserem Testexemplar etwas vorwitzig hinter der Gummilippe hervor und ließ sich auch nicht wieder dahinter verstecken.

Ebenfalls nicht ganz standesgemäß erscheint der V6-Benziner, verwöhnte doch Maserati zumindest in den Nuller-Jahren seine Kunden ausschließlich mit gediegener, allerdings auch unverschämt durstiger V8-Power, sofern man den nur 50 Mal gebauten MC12 außen vor lässt. Jetzt also wieder wie früher ein V6, der mit einer ebenfalls Maserati-typischen BiTurbo-Aufladung für mächtig Dampf im Kessel sorgt. 410 PS und 550 Newtonmeter kommen aus diesem kultiviert arbeitenden Kraftwerk, das per Gasbefehl gefordert, äußerst bereitwillig mächtigen Vorwärtsdrang ermöglichen kann.

Mit Allradantrieb ist dieser Drang sogar noch stärker: Denn die bis zu 50 Prozent der Kraft zwischen den Achsen blitzschnell jonglierende Lamellenkupplung ermöglicht einen spürbaren Traktionsvorteil. Geraten beim normalen S die hinteren Antriebsräder beim Kickdown mächtig unter Druck, setzt der Q4 ohne quietschende Räder den Gasbefehl etwas effizienter in Vortrieb um. 4,8 statt 5,0 Sekunden dauert so trotz 60 Kilogramm Mehrgewicht der Standartsprint.

Geschmeidig auf über 280 km/h

Das alles geschieht auch noch recht geschmeidig. Da ist zum einen die sanft und schnell die Gänge wechselnde Achtgang-Automatik als auch ein V6, der eigentlich in jedem Drehzahlbereich in fortwährend gleichmäßiger Weise satten Schub bereitstellt und einen sensationell vehementen Durchzug auch in höheren Geschwindigkeitsbereichen mit forschem Druck ermöglicht. Ebenfalls unspektakulär wie kurzweilig ist auch der Sprint auf 200 km/h und lässt sich der Italiener selbst danach bemerkenswert spielerisch auf 280 km/h treiben, um dann immer noch vertrauenerweckend ruhig auf der Straße zu liegen. Und in keinem Augenblick hat man das Gefühl, der Allradantrieb würde die Performance negativ beeinflussen, für Spannungen im Antriebsstrang sorgen, oder Leistung fressen. Lediglich ein km/h gegenüber dem maximal 285 km/h schnellen S verliert der Q4 bei der Endgeschwindigkeit.

Ebenfalls verblüffen kann der angenehm komfortable und Unebenheiten gut verdauende Unterbau mit seiner Kurvenperfomance, denn die handliche Leichtigkeit ist für eine immerhin 1,9 Tonnen schwere Limousine mehr als imposant. Tänzerisch lässt sich der Maserati mit seiner leichtgängigen Lenkung in Kurven werfen, um den Willen des Fahrers präzise umzusetzen und ihm eine angenehm feine Rückmeldung zu geben. Anders als bei einem BMW 5er meint man hier einen noch sehr guten Kontakt zu Fahrbahn zu haben. Regeleingriffe des ESP bekommt man nicht zu spüren und fängt der Ghibli bei verschärftem Kurventempo auch mal leicht an zu gieren, was der konzentrierte Fahrer allerdings leichthin austarieren kann. Der Kurvenfeger bietet sich insofern auch für aktive Fahrer an, die den Grenzbereich aktiv spüren und die mit Experimentierfreude sich weiter ans Limit herantasten wollen, ohne übermäßig stark von Regeltechnik bevormundet zu werden.

Auf Knopfdruck noch sportlicher

Und entsprechend einfach aber effektiv sind seine auch die Einstellungsmöglichkeiten. Statt einer Vielzahl ausdifferenzierter Fahrprogramme gibt es in der herrlich aufgeräumten Mittelkonsole lediglich einen Sport-Schalter, um mit einem Druck die Motor- und Schaltcharakteristik zu schärfen und einen weiteren, um das Fahrwerk härter zu stellen. Wobei der Ghibli auch im Komfortmodus nichts gegen sportliches Fahren einzuwenden hat und im Sportmodus der Komfort immer noch hoch bleibt.

Neben seiner leichtfüßigen Art sorgen außerdem noch die sehr kompetenten Bremsen von Brembo für Sportwagenfreuden auf höchstem Niveau. Fein dosierbar und souverän zupackend, vermitteln die serienmäßig im Q4 vorne mit Sechskolben-Zangen ausgestatteten Stopper ihrerseits dem ambitionierten Piloten den Eindruck von optimaler Kontrolle. Und auch akustisch hat der V6 durchaus Charme. Bleibt der Motor bei normaler Fahrt zunächst noch angenehm leise, sprotzelt und brabbelt der Bi-Turbo bei forcierter Fahrt sehr lebenslustig und charaktervoll. Das klingt nicht so obszön wie so mancher V8-Krawallo unter den größeren Maserati-Modellen, aber auch keineswegs verweichlicht oder verwässert. Allerdings geht der Machosound auch mit Machodurst einher, denn die eigentlich 10,5 Liter (was um nur 0,1 Liter über dem Verbrauch des S liegt) kann man leichthin auf 15 oder auch 18 Liter treiben. Für Maserati-Verhältnisse sind das immerhin zurückhaltende Werte.

“Volks”-Maserati kein Schnäppchen

Insofern ist der Ghibli mit Allradantrieb eine spannende Ergänzung für Kunden, denen der Traktionsvorteil eines Allradantriebs besser zusagt als ein etwas nervöser Hecktriebler. Die fast 3.000 Euro Aufpreis sind eine vernachlässigbare Größe, denn bereits die Basis des Ghibli S verlangt nach einer gehobenen Investitionsbereitschaft von mindestens 80.000 Euro. Dafür bekommt der Kunde übrigens ein Auto, dem nur noch wenige Extras bis zur Vollausstattung fehlen. Insofern muss es jenseits des Grundpreises nicht dramatisch teurer werden. Im Vergleich zum BMW 5er muss man allerdings in jedem Fall tiefer in die Tasche greifen, denn selbst die V8-Version 550i mit 449 PS und Allradantrieb kostet bei ähnlich guter Ausstattung fast 7.000 Euro weniger als der S Q4. Die Welt der Business-Limousinen ist um einen wirklich spannenden Protagonisten reicher: Der Ghibli ist eine erfrischend sportliche Alternative zu den Platzhirschen deutscher Premiumhersteller. Vielleicht fehlt dem Italiener das Perfektionsniveau im Detail, doch bietet er dafür Charakter und ein dynamisches Naturell, welches jeden lustorientierten Fahrer in seinen Bann ziehen dürfte.

Doch auch im Alltag hat der Ghibli Stärken, die ihn zu einem prestigereichen und komfortablen Alltagswagen qualifizieren. Wer seinen Maserati im Alltag einsetzt und auch öfter mal auf verschneiten Straßen unterwegs ist, wird sich über den Allradantrieb außerdem freuen. Nennenswerte Nachteile gehen mit der variablen Kraft auf zwei Achsen – wenn mal einmal von den 3.000 Euro Aufpreis absieht - nicht einher.

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