
Audi verabschiedet den Fünfzylinder - ein Blick auf die Legende aus Ingolstadt
Auf der IAA in München bestätigte Audi-Chef Gernot Döllner gegenüber dem australischen Drive-Magazine, dass der legendäre Fünfzylinder-Motor in wenigen Jahren endgültig Geschichte sein wird. Schon heute ist er nur noch im RS 3 Sportback und in der RS 3 Limousine zu finden - Modelle, deren Tage offenbar gezählt sind.
„Es ist nicht schwierig, den Motor Euro-7-konform zu machen“, so Döllner gegenüber den australischen Kollegen, „aber es ist eine Frage des Maßstabs und der Gesamtnachfrage.“ Zwar erlaubt die aktuelle Gesetzeslage noch einen Aufschub bis 2027, doch danach muss jedes neu verkaufte Fahrzeug die strengeren EU7-Normen erfüllen. Der Aufwand, den Fünfzylinder für diese letzte Stufe fit zu machen, sei schlicht nicht mehr gerechtfertigt.
„Der Fünfzylinder wird wohl mit Euro 7 enden“, so Döllner. Damit geht nach gut einem halben Jahrhundert eine Ära zu Ende, die Audi technisch und emotional geprägt hat.
Zeit also, einen Blick zurückzuwerfen: Welche Modelle trugen einen der legendären Fünfzylinder unter der Haube - und wie hat er Audi vom soliden Mittelklässler zur Sport- und Technikmarke gemacht?
Die Fünfzylinder aus Ingolstadt im Überblick
Audi 100 C2 (Typ 43, 1976–1982)
Unter der technischen Leitung von Ferdinand Piëch debütierte 1976 der weltweit erste Serien-Fünfzylinder-Benziner. 2,1 Liter Hubraum, 136 PS – ein mutiger Schritt, der Audi vom Mittelklassehersteller zur Technikmarke führte.
Audi 200 C2 (Typ 43, 1979–1982)
Luxuriöses Spitzenmodell auf Basis des Audi 100, mit Fünfzylindern bis 170 PS. Markierte Audis ersten ernsthaften Schritt in Richtung Oberklasse.
Audi 80 B2 (Typ 81/85, 1978–1986)
Ab Anfang der 1980er auch mit bis zu 136 PS starken Fünfzylindern erhältlich. Der Motor hielt damit Einzug in die Mittelklasse.
Audi (Ur-)Quattro & Sport Quattro (Typ 85, 1980–1991)
Die Rallye-Ikone schlechthin: 200 PS im Serienmodell, über 300 PS in den Evolutionsstufen. Mit Turbo-Fünfzylinder und permanentem Allrad revolutionierte der Quattro den Motorsport.
Hier geht's zum Fahrbericht über den Audi Sport quattro aus dem Jahr 2019.
Audi 100 & 200 C3 (Typ 44, 1982–1991)
Das „Aerodynamik-Wunder“ kam mit Fünfzylinder-Benzinern bis 165 PS, Turbos bis 182 PS und als 200 20V mit 220 PS. Auch robuste Diesel-Fünfzylinder (bis 120 PS) waren verfügbar.
Audi 90 B2 (Typ 81/85, 1984–1986)
Eigenständig positioniertes Modell als sportliche Ableitung des Audi 80. Bis zu 136 PS, edler ausgestattet, mit dem Fünfzylinder als Differenzierungsmerkmal.
Audi 80/90 B3 (Typ 89, 1986–1991)
Benziner mit 2,0–2,3 Litern und bis zu 170 PS. Technisch fortschrittlich mit vollverzinkter Karosserie - gab es auch als Coupé und Cabriolet. Letzteres wurde auf gleicher Basis bis ins Jahr 2000 gebaut.
Audi 80 B4 (Typ 8C, 1991–1994)
Letzte 80er-Generation, mit 2,3-Liter-Fünfzylinder-Benziner (133 PS). Schick, solide und erstmals auch als Audi 80 Avant erhältlich – markierte zugleich das Ende des Motors in der klassischen Mittelklasse.
Audi S2 (Typ 89/8C, 1990–1995)
Coupé, Avant und Limousine mit 2,2-Liter-Turbo, 220–230 PS und Allradantrieb. Der sportliche Quattro-Nachfolger, heute ein gesuchter Youngtimer.
Audi-Porsche Avant RS2 (Typ 8C5, 1994–1995)
Entstanden in Kooperation mit Porsche: 2,2-Liter-Turbo, 315 PS, 410 Nm. Mit 5,8 Sekunden auf 100 km/h war er der erste Audi-Kombi mit echten Supersportwagen-Genen - und der Startschuss der RS-Geschichte.
Hier geht's zum Fahrbericht über den Audi-Porsche Avant RS2.
Audi 100 / Audi A6 C4 (Typ 4A, 1990–1997)
Nachfolger des Audi 100 C3 mit 2,3-Liter-Fünfzylinder-Benziner und 2,5-Liter-TDI. Der Fünfzylinder-Benziner wurde mit der Umbenennung des Audi 100 zum Audi A6 im Jahre 1994 aus dem Programm genommen. Insgesamt robuste Autos, beliebt bei Vielfahrern.
Audi S4 / S6 C4 20V (Typ 4A, 1991–1997)
Obere Mittelklasse mit Turbo-Fünfzylinder: 2,2 Liter, 230 PS, 350 Nm. Als Limousine und Avant bot er Understatement mit enormem Durchzug. Wurde auch in den Audi S6 ab 1994 übernommen. Parallel bot Audi den S4 und S6 auch mit einem 4,2 Liter V8 an. Im Juli 1997 beendete der letzte vom Band gelaufene S6 2.2 vorläufig die Fünfzylinder-Tradition.
Audi TT RS (Typ 8J, 2009–2014 / Typ 8S, 2016–2023)
Modernes Comeback nach gut 12 Jahren Pause: 2,5 Liter, zunächst 340 und 360 PS, ab 2016 dann 400 PS. Sprintstark (0–100 km/h in 4,1 s) und mit unverwechselbarem Klang zu einem echten Kult-Sportwagen gereift.
Hier geht's zum Fahrbericht über den letzten Audi TT RS iconic edition
Audi RS Q3 (Typ 8U, 2013–2018 / Typ F3, 2019–2023)
Erstmals wurde der Fünfzylinder-Turbo in ein SUV verpflanzt: 310 bis 400 PS. Alltagstauglichkeit kombiniert mit legendärem Motorklang.
Audi RS 3 (Typ 8P, 2011–2012 / Typ 8V, 2015–2020 / Typ 8Y, 2021–2027)
Der erste RS 3 (8P) startete mit 340 PS aus dem 2,5-Liter-TFSI – ein Novum in der Kompaktklasse. Die zweite Generation (8V) brachte zunächst 367 PS, später 400 PS auf die Straße. Der aktuelle 8Y leistet ebenfalls 400 PS und sprintet in 3,8 Sekunden auf 100 km/h. Derzeit wird eine leistungsgesteigerte Final Edition des RS3 erprobt. 2027 endet mit ihm endgültig die Fünfzylinder-Ära.
Hier geht's zum Fahrbericht über den Audi RS 3 Sportback.
Cupra Formentor VZ5 (2021–2024)
Als einziges Großserienmodell außerhalb der Marke Audi durfte der Cupra Formentor den 2,5-Liter-TFSI übernehmen. Mit 390 PS und Allradantrieb war der VZ5 offiziell auf 7.000 Exemplare limitiert.
Fazit
Vom Audi 100 (C2) bis zum RS 3 (8Y) war der Fünfzylinder weit mehr als nur ein Motor - er war Audis akustisches Markenzeichen und technisches Alleinstellungsmerkmal. Ob im luxuriösen 200, im revolutionären Quattro, im kultigen RS2 oder im modernen TT RS: stets stand er für Innovation, Charakter und Emotion. Mit seinem Abschied verliert Audi nicht nur ein Aggregat, sondern ein Stück Identität und Autofans weltweit ein Klangbild, das unvergessen bleiben wird. (Text: tv | Bilder: tv, Hersteller)