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Polestar 1 im Test: Mit der Kraft aus vier Motoren

Besonders schön, besonders stark, besonders schnell. Der Polestar 1 ist ein fahrendes Kunstwerk, das nebenbei ein wahres Technikfeuerwerk abbrennt. Doch der Grat zum Technikoverkill ist schmal, nicht alles am Erstlingswerk der Volvo-Tochter ist löblich. Fahrbericht!

Gibt es derzeit ein Auto, das besser anzusehen ist als der Polestar 1? In meinen Augen nicht. Aber das bleibt eine subjektive Einschätzung. Wer hingegen lieber dem Fiat Multipla die Treue schwört, darf das natürlich auch weiterhin tun. Dieser ist selbstredend günstiger als der mindestens 151.092 Euro teure Chinese mit schwedischen Wurzeln. Praktischer ist der Italiener ebenso. Doch zählt beim Polestar 1 weder der Preis noch die Praktikabilität.

Polestar-1-Rear

Limitiert auf 1.500 Stück

Zum einen werden nur 1.500 Stück gebaut (wovon bereits mehr als ein Drittel verkauft sein soll) und zum anderen ist die Hommage an den Volvo P1800 eher ein Beweis dafür, dass der einstige Volvo-Tuner Polestar in der Tat Autos bauen kann. Nein, rein elektrisch will das Coupé noch nicht sein, aber immerhin fast. Denn die theoretische elektrische Reichweite des Plug-in-Hybriden beläuft sich bereits auf 124 WLTP-Kilometer, gut und gerne um die 100 Kilometer sind bei sachter Bedienung wirklich möglich. Sodann ist es keine Utopie mit dem, in unserem Falle schwarzmatt lackierten, Technikschwergewicht nahezu alle täglich anfallenden Fahrten mittels der Energie aus dem 34 kWh großen Batteriepack rein elektrisch abzuspulen.

Polestar-1-Interieur

Drei Elektromotoren, ein Verbrenner

Ein 2,0-Liter-Vierzylinder und ein elektrischer Startergenerator an der Vorder- und zwei Elektromotoren an der Hinterachse sorgen im allradgetriebenen Polestar 1 wechselseitig für Vortrieb, wobei die Systemleistung mit wahnwitzigen 448 kW/609 PS und 1.000 Newtonmeter Drehmoment angegeben ist. Rein elektrisch bewegt sich der Polestar mittels der zwei E-Maschinen an der Hinterachse, die für sich genommen 171 kW/232 PS zur Verfügung stellen. Im sogenannten Pure-Mode ist der Verbrenner vollends außen vor, das Einlenkverhalten wird spürbar hecklastiger, der Vorwärtsdrang gleichermaßen gemächlicher. Zwar stehen auch jetzt 480 Newtonmeter zur Verfügung, wirklich vehement wird die Beschleunigung aber erst im Power-Mode. Dann arbeiten alle Antriebe maximal eskalierend zusammen und auch der von Volvo beigesteuerte Vierzylinder mit Turbo- und Kompressoraufladung darf seine 227 kW/309 PS in Szene setzen.

Polestar-1-Front

Polestar 1 mit 609 PS Systemleistung

4,2 Sekunden verspricht das Datenblatt von null auf 100 km/h, das Popometer hingegen nimmt die Beschleunigung weniger extrem wahr. Schweift das Auge allerdings und insbesondere bei Zwischengasetappen auf der Autobahn auf die digitale Instrumentenanzeige, wird klar, der Polestar 1 ist alles andere als langsam. Soundtechnisch darf hingegen nicht allzu viel erwartet werden, klingt so ein Volvo-Vierzylinder unter Volllast eher angestrengt, der E-Antrieb höchstens nach S-Bahn. Wohlwollend kann Polestar zugutegehalten werden, dass kein künstliches Motorengeräusch hinzugefügt wurde. Auf was die Damen und Herren Ingenieure allerdings nicht verzichtet haben ist das manuell von außen verstellbare Öhlins-Fahrwerk.

Polestar-1-Seats

Öhlins-Fahrwerk ist keine Bereicherung

Und ab hier wird die Sache kompliziert. Vor allem für alle Mitreisenden und den eigenen Rücken. Obwohl Polestar sicherlich Zugriff auf die Volvo-Luftfederung hatte, wie sie in XC90 oder V90 Cross Country zum Einsatz kommt, entschied man sich leider dagegen. Denn der Polestar 1 ist vieles, nur kein Sportwagen. Das Öhlins-Fahrwerk passt nicht zum Gran Turismo Charakter des überwiegend aus Verbundwerkstoff gefertigten Coupés und lässt bereits bloße Schatten auf der Straße gefühlt zu wahren Kratern heranwachsen. Wer nun denkt, dass das Handling umso besser ist, der täuscht sich. Zwar geht die Rückmeldung der elektrischen Lenkung noch in Ordnung, die 8-Gang-Automatik schaltet unmerklich und die Akebono-Bremse beißt beherzt zu, gerade im eher fronantriebslastigen Hybird- oder Power-Modus neigt der Polestar 1 aber deutlich zum Untersteuern.

Polestar-1-Side

Sattes Lebendgewicht

2.350 Kilogramm Fahrzeuggewicht (ohne Gepäck, Beifahrer und vollem 60-Liter-Tank) sind kaum wegzudiskutieren und disqualifizieren den Polestar 1 für die schnelle Kurvenhatz. Die kompromisslose Fahrwerksabstimmung verhindert zugleich, dass wir das Coupé als entspannten Reisebegleiter wahrnehmen. Dem entgegen steht ebenfalls der äußerst beengte Kofferraum, der dank der ausladenden Elektrokomponenten nur magere 143 Liter fasst. Immerhin die orangefarbenen Hochvoltleitungen hinter Plexiglas sind fein anzusehen.

Polestar-1-Carbon

Polestar 1 mit stilsicherem Innenraum

Der langstreckentaugliche Innenraum ist ein weiterer Grund, weshalb wir uns ein komfortableres Fahrwerk gewünscht hätten. Denn er ist ein Hort der nordeuropäischen Stilsicherheit und Gemütlichkeit. Wer die aktuellen Volvo-Cockpits kennt, fühlt sich direkt heimisch, entdeckt an mancher Stelle aber weitere, sehr hochwertige Details. So ist beinahe jede Ecke des Polestar 1 mit Leder oder lederähnlichen Oberflächen bezogen, dunkle Ziernähte sorgen weiterhin für einen sehr vornehmen Eindruck. Das vielfach einstellbare Ledergestühl passt wie angegossen, die Bedienung des hochgestellten Touchscreens geht weitestgehend leicht von der Hand und die verbaute Bowers & Wilkins Soundanlage tönt selbst bei hohen Lautstärken glasklar. Ein Designhighlight dürfte in jedem Fall die Einpassung der beiden Einzelsitze hinten sein, die zwar weniger zum Sitzen, dafür aber zum Anschauen einladen.

Polestar-1-Rearseats

Die Sache mit dem Verbrauch

Thema Lademanagement und Verbrauch: Wie bei jedem anderen Hybriden auch, ist der Polestar 1 nur so sparsam wie sein Fahrer ihn bewegt. Um fünf Liter Superbenzin und gut 18 kWh Strom auf 100 Kilometer sind auf weiteren Strecken möglich, sofern die drei Elektromotoren dem Verbrenner sinnig unter die Arme greifen. Ist die Batterie allerdings leergezogen, sind reine Benzinverbräuche um zehn Liter weiterhin realistisch. Die Wahrheit dürfte für jeden Einzelnen aber woanders liegen, da die individuellen Fahrprofile entscheidend sind.

Polestar-1-Trunk

Mit bis zu 50 kW am Schnelllader

An der Ladesäule sorgte der Polestar 1 derweil für eine positive Überraschung. Nicht nur, dass überhaupt ein CCS-Anschluss zum DC-Schnellladen vorhanden ist, in der Tat schafft der Polestar Ladegeschwindigkeiten bis 50 kW. Im Idealfall ist die Batterie in unter einer Stunde vollgeladen, wer nur eine AC-Ladesäule mit bis zu 11 kW zur Verfügung hat lädt entsprechend länger. Während der Fahrt hat der Lenker die Wahl, ob er den Polestar 1 beim gelupften Gaspedal lieber frei rollen lässt, oder mittels kurzem Zug am Wahlhebel in den Rekuperationsmodus wechselt.

Polestar-1-Front-Side

Fazit

Der Polestar 1 ist ohne Frage ein außergewöhnliches Auto. Außergewöhnlich designt, aber auch mit außergewöhnlicher Technik versehen. Erst die neue Mercedes S-Klasse wird als Plug-in-Hybrid eine ähnlich große elektrische Reichweite bieten, die Power des Coupés bleibt indes unerreicht. Dem Technikfeuerwerk auf der einen, steht der Technikoverkill auf der anderen Seite gegenüber. Das erbarmungslose Öhlins-Fahrwerk hätte es nicht gebraucht, das Fahrzeuggewicht liegt dank der schweren Batterien auf SUV-Niveau. Den lediglich 1.500 Käufern dürften diese Minuspunkte aber egal sein. Sie erwerben mit dem Polestar 1 höchstwahrscheinlich einen Klassiker der Zukunft – wenn es sowas in 30 Jahren noch geben sollte.

Technische Daten*

  • Modell: Polestar 1
  • Motoren: 4-Zyl-Benziner, 1.969 ccm + 3x E-Motor
  • Systemleistung: 609 PS (448 kW)
  • Systemdrehmoment: 1.000 Nm
  • Antrieb: Allrad, 8-Gang-Automatik
  • Benzinverbrauch kombiniert: ab 1,1 l/100 km²
  • Stromverbrauch kombiniert: 28,4 kWh/100 km²
  • CO2-Emissionen kombiniert: ab 26 g/km²
  • Beschleunigung (0 – 100 km/h): 4,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Abmessungen (L/B/H): 4,59 m/2,02 m/1,35 m
  • Gewicht: ca. 2.350 kg
  • Grundpreis: ab 151.092 Euro (inkl. 16% MwSt.)

*Herstellerangaben

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