Mercedes GLC (2026) im ersten Check: Viel Licht, wenig Schatten

Da muss sich der Neue-Klasse-iX3 von BMW warm anziehen. Mit dem rein elektrischen GLC legt Mercedes die Messlatte hoch. Über 700 Kilometer Reichweite, illuminierter Kühlergrill und ein knapp ein Meter großer Bildschirm, der von einem gekühlten Superrechner gepowert wird. Erste Sitzprobe.

Der Mercedes-Benz GLC mit EQ-Technologie auf einen Blick

  • GLC Vorbote einer neuen Generation
  • Kühlergrill mit 942 LED-Lichtern
  • Super-Rechner läuft auf Game-Engine
  • Größter Bildschirm in der Benz-Geschichte
  • Elektro-Antriebe von 200 bis 500 kW
  • Reichweite 700 km - Aufladen mit 330 kW

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Modellübersicht & Strategie: Was Källenius jetzt mit Mercedes vorhat

Es muss schon ein besonderes Auto sein, wenn es vom Chef höchstpersönlich präsentiert wird. Aber Ehre, wem Ehre gebührt. Denn schließlich ist der GLC bei Mercedes-Benz die erfolgreichste Modellreihe und auch die meistverkaufte. Und so kommt der Vorstandsvorsitzende Ola Källenius selbst in das Stuttgarter Mercedes Center, um das jüngste Benz-Baby der Presse noch vor der offiziellen Präsentation auf der IAA vorzustellen. Knifflig ist die Mission allemal. Denn diesen GLC wird es nur elektrisch geben. Dafür hat man sogar eine eigene Plattform, die MB.EA (Mercedes-Benz Electric Architecture), geschaffen, auf der später noch weitere Modelle gebaut werden. Aber wer jetzt befürchtet, dass Mercedes in die gleiche Absatzfalle tappt wie Porsche, die ihr Brot- und Butter-Auto, den Macan, in Europa nur noch als Stromer verkaufen, der irrt. Denn parallel zum Elektro-GLC laufen die konventionellen Verbrenner weiter.

Damit verabschiedet sich Mercedes endgültig von dem Plan, nur noch auf Elektromodelle zu setzen. „Der Markt ist nicht so groß wie gedacht“, räumt Källenius ein. „Wir verfolgen eine duale Strategie. Verbrenner neben batterieelektrischen Autos. Mindestens noch zehn Jahre, wenn nicht sogar länger.“ Rumms! Und gleichzeitig kassiert der Vorstandsvorsitzende auch den Luxus-Ansatz, der noch vor wenigen Monaten als Heilsbringer für gute Umsatzzahlen gefeiert wurde. „Wo ist der Markt für Mercedes“, stellt der Schwede in Diensten der Schwaben die Frage und beantwortet sie gleich selbst: „Das sind unsere Core-Modelle vom GLC bis zur E-Klasse.“ Mercedes ist zurück auf dem Boden der Tatsachen! Und will mit „der dichtesten Produktoffensive, die Benz jemals gemacht hat“ (Källenius) wieder an Fahrt aufnehmen. Bis 2027 sollen 18 neue Modelle auf den Markt kommen, zusätzlich 17 Stromer. „Wir können bis zu 40 Karosserie-Varianten anbieten für jede Nische, und wir werden darauf reagieren, wenn etwas vom Kunden gewünscht wird“, kündigt er an.

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Neues Kühler-Design: 942 LEDs leuchten den Weg

Vorbote dieser Produktoffensive ist der neue vollelektrische GLC im ersten Halbjahr 2025. Und der punktet gleich beim Platzangebot. Auch die Sitzprobe macht der Chef persönlich. Dazu muss man wissen: Der Mann ist 1,96 Meter groß. Dass er auch im Fond genug Platz hat, zeigt er mit der Faust. Eine passt zwischen Haupt und Dach, die andere zwischen Knie und Vordersitz, der auf die Größe des CEOs eingestellt war. Auch Basketball-Weltstar Dirk Nowitzki soll hier schon äußerst bequem gesessen haben. Kein Wunder, schließlich hat der elektrische GLC einen um 8,4 Zentimeter auf 2,97 Meter angewachsenen Radstand im Vergleich zum Verbrenner. Insgesamt ist er um fast 13 Zentimeter in der Länge gewachsen. Deshalb kann sich auch das Ladevolumen sehen lassen: Es liegt zwischen 570 und 1.740 Litern, dazu kommt der Frunk mit 128 Litern.

Noch bevor sich Källenius ins Auto setzt, nimmt er eine Kühler-Parade im Nebenraum ab. Hoch, quer, quadratisch. In Jeder Ära war der Kühlergrill mit dem Stern obendrauf der Markenbotschafter von Mercedes. Aber was macht man, wenn man wie bei einem Elektroauto technisch gesehen keinen Kühler mehr braucht? „Die Welt verändert sich rasant, da war die Frage: Wie kann man Mercedes unverwechselbar machen?“, sagt Källenius und enthüllt den neuen Star am Stuttgarter Designer-Himmel. Eine Projektionsfläche in verchromter Kühlerform mit einer Wabenstruktur, die mit 942 unterschiedlich beleuchtbaren LEDs bestückt und von einem Lichtrahmen eingefasst wird. Sogar der Stern leuchtet, in Deutschland jedoch nicht der Ring außen herum, das hat Sankt Bürokratius verhindert. Abgesehen davon, dass das Ding cool aussieht: „Über den Grill lassen sich relevante Informationen schicken, je nachdem, was der Gesetzgeber in den jeweiligen Ländern erlaubt“, deutet Kälenius die enormen Möglichkeiten an. Ein weiteres Highlight sind die Rück- und Bremslichter. Wenn sie aufleuchten, sehen die Hintermänner vier rote Sterne.

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Interieur und Hyperscreen: Mercedes baut 1-Meter-Bildschirm ein

Nach den Sternen greift man auch im Interieur. Das serienmäßige und dimmbare Panorama-Glasdach lässt sich, gegen Aufpreis versteht sich, mit 162 künstlichen Himmelskörpern als Firmament inszenieren. Das ist so wie beim neuen CLA Shooting Brake. Edel ist auch die Lichtinszenierung. Mit diversen Styles wird der Raum in verschiedene Stimmungen getaucht, die sich auch in der Grafik des Displays widerspiegeln. Und wer sich die Burmester-Soundanlage leistet, der bekommt mit dem Ambilight sogar eine eigene Lichtorgel, die zum Rhythmus der Musik leuchtet. Fast könnte man sagen: Licht ist das neue Wurzelholz. Aber das gibt es – Gott sei dank – auch noch. Birke, braun oder graubraun, zum Beispiel. Oder eloxiertes Metall für die Zierflächen. Cool sind die geätzten Edelstahlgitter in Bicolor für die Lautsprecher und auch das Schiffsdeck in Schwarz mit Aluminium-Einlagen ist wieder mit von der Partie. Und ja, feinglänzendes Nappa-Leder gibt es auch noch. Wer das nicht ertragen will, für den gibt es jetzt erstmalig ein veganes Interieur. Zertifiziert von der Vegan Society.

Der eigentliche Star im Innenraum ist jedoch der neue Hyperscreen. Er misst in der Diagonalen fast einen Meter (39,1 Zoll) und spannt sich über das ganze Armaturenbrett. Im Gegensatz zum serienmäßigen und aus drei Displays bestehenden Superscreen ist er aus einem Stück gefertigt. Imposant – der größte jemals in einen Mercedes eingebaute Bildschirm. Brillant in der Auflösung und grafisch gepowert von einer Computerspiel-Engine von Unity. Die eigentliche Rechenleistung stammt von einem wassergekühlten Supercomputer von Nvida, „dem besten Computer, den es in der Automobilbranche gibt“, sagt Mercedes-Boss Källenius. Die Chips können bis zu 254 Billionen Rechenoperationen in der Sekunde bewältigen.

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Neues Superhirn mit KI und einem Heer von virtuellen Assistenten

Verwaltet wird das alles vom neuen hauseigenen Betriebssystem, dem Mercedes-Benz Operating System (MB.OS). Das Superhirn ist mit der Mercedes-Cloud verbunden und steuert jeden Aspekt des Autos. Vom automatisierten Fahren bis hin zum Infotainment. Es soll wie ein menschliches Gehirn funktionieren. Herzstück des MB.OS ist Künstliche Intelligenz (KI) und ein Heer von virtuellen Agenten. Mercedes holt sowohl Chat GPT4o als auch Microsoft Bing Suche an Bord. Sie sind zuständig für das Infotainment. Dabei greift das System je nach Anforderung immer auf die beste Quelle zu.

Zum ersten Mal sollen ganze Dialoge zwischen Mensch und Maschine möglich sein. Passend zur IAA in München liefert Mercedes folgende Beispiele. „Was sind eigentlich diese Weißwürste?“ „Isst man sie mit Ketchup oder mit Senf?“ Gerne überprüfen wir bei einem Praxistest die Antworten und damit die Performance dieser KI, die als Avatar auch über den Bildschirm spukt. Entweder als Sternenwolke, die menschenähnliche Züge annimmt, oder als „Little Benz“, einem knuddeligen digitalen Babyface.

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Antrieb und Akku: „Laden wie Tanken“, verspricht Källenius

Doch nun zum Wesentlichen, das ein Fahrzeug ausmacht – zum Fahren. An den Start geht zunächst einmal der GLC 400 4MATIC. Er kommt mit zwei E-Maschinen daher und bietet 360 kW / 489 PS. Vier weitere Motorisierungen werden folgen. Källenius skizziert die Bandbreite der angebotenen Leistungsstufen „von 200 bis 500 kW“. Letztere wird von AMG geliefert und vermutlich mit drei Aggregaten (zwei auf der Hinterachse) via Allrad auf den Asphalt gebracht. Auch bei den 4WD-Modellen liegt die Betonung auf dem Hinterradantrieb. Die vordere Maschine schaltet sich nur dazu, wenn sie unbedingt benötigt wird. Die Entkoppelung erfolgt im Millisekundenbereich, um Schleppverluste zu vermeiden und die Effizienz zu erhöhen. Dafür sorgen auch das Zwei-Gang-Getriebe und die hohe Rekuperation. 99 Prozent aller Bremsvorgänge will Mercedes beim GLC wieder in Energie zurückverwandeln – mit bis zu 300 kW. Dadurch soll ein Verbrauch von 15 kWh auf 100 Kilometer möglich sein und damit eine Reichweite von mehr als 700 Kilometern.

Gespeichert wird die nötige Energie in einem 94 kWh (netto) großen Lithium-Ionen-Akku, der mit dem 800-Volt-System von Mercedes relativ schnell aufgeladen werden kann. Bis zu 330 kW verspricht Daimler – in zehn Minuten sollen am Schnellader somit 300 Kilometer aufgetankt werden. „Laden wie Tanken“, verspricht Benz-Chef Ola Källenius. Der Akku lässt sich selbstverständlich vorkonditionieren, um Energie aufzunehmen, und auch die Multi-Source-Wärmepumpe, welche die Abwärme der Motoren, der Batterie und die Umgebungsluft nutzt, ist serienmäßig.

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Fahrwerk und Fahreindruck: Die Airmatic denkt mit

Eigentlich hätten wir nun Lust gehabt, den neuen elektrischen GLC selbst über die Piste zu jagen, aber Mercedes hat vorerst nur eine Mitfahrt angeboten. Von daher beschränkt sich unser Eindruck nur auf das Popometer eines Beifahrers. Kraftvoll und geschmeidig bringt der GLC die Beschleunigung auf die Straße. Unaufgeregt und trotzdem nicht langweilig. Die (optionale) Luftfederung ist bei Mercedes immer eine Bank. So auch beim GLC.

Die Airmatic arbeitet mit Kartendaten von Google und passt das Fahrzeugniveau an die Strecke an. Das heißt, das Fahrwerk des GLC, das auch mit einer Hinterachslenkung (bis 4,5 Grad) ausgestattet ist, bleibt so lange wie möglich so niedrig wie möglich, um den Luftwiderstand zu senken und damit auch den Verbrauch. Neu ist die Einbindung der Car-to-X-Funktion, bei der Daten eines vorausfahrenden Fahrzeugs über die Bodenbeschaffenheit mit eingerechnet werden, damit Dämpfer und Stabilisatoren auf den Punkt genau reagieren. Auch da freuen wir uns schon auf den Praxistest.

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Erstes Fazit

Kommen wir zum eigentlichen Fazit: Der neue Mercedes GLC ist ein echtes Statement. Sowohl vom Design her, weil der beleuchtete Kühlergrill einfach eine Schau ist, als auch technologisch, weil Mercedes hier in Sachen Super-Computer und Hyper-Screen keine Kompromisse eingeht. Wenn sich die Preise, wie angekündigt auf dem Verbrenner-Niveau bewegen sollen, könnte dieser GLC Geschichte schreiben. (Text: Rudolf Bögel | Bilder: Mercedes)

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