Erster Test Renault Clio (2026): Neuer Look, kleiner Preis

Der Renault Clio Full Hybrid E-Tech 160 auf einen Blick:
Was uns gefällt:
Wie viel Auto es zum kleinen Preis gibt.
Was wir vermissen:
Einen Diesel. Aber die Zeiten sind vorbei.
Ideal wenn …
… man ein kleines Stadtauto haben will, das wenig verbraucht.
Die Alternativen
Seat Ibiza, Opel Corsa, Toyota Yaris.
Millionenseller mit radikal neuem Design
Vielleicht war es Weitsicht – oder einfach nur Glück. Als Renault Anfang der 90er Jahre einen neuen Kleinwagen auf die Räder stellte, nannte man ihn Clio. Nach einer der sieben griechischen Musen. Ihr Zuständigkeitsbereich ist passenderweise die Geschichtsschreibung. Denn Geschichte hat der Clio in den vergangenen 25 Jahren tatsächlich geschrieben. 17 Millionen wurden davon verkauft - und jetzt wollen die Franzosen mit der neuen, sechsten Generation daran anknüpfen. Und zwar mit einem reinen Verbrenner und einem Full Hybrid. Das Elektro-Geschäft überlässt man im eigenen Hause den beiden Newcomern Renault 4 und 5. Was die Konkurrenz außer Haus angeht, so warten hier die üblich Verdächtigen. Zum Beispiel der Seat Ibiza, der ebenfalls als Verbrenner in die Verlängerung geht, oder der Corsa von Opel, der Toyota Yaris und der Skoda Fabia. Sie alle treten im sogenannten B-Segment an. Jährliches Marktpotenzial: Rund zwei Millionen – das ist ein guter Markt.
Wer Retro-Design a la R 4 und R 5 erwartet, täuscht sich. Dieser Clio sieht nicht mehr wie ein Clio aus. In der Seitenlinie erinnert er ein wenig an den Mazda 3. Die Frontpartie lebt von den stechenden Scheinwerfer-Augen mit der Augenbrauen-Optik im Blech. Hinten dominieren aufgesetzte Rückleuchten, die für unseren Geschmack zu klotzig sind. Mit 4,12 Meter ist die Karosserie um sieben Zentimeter länger als die des Vorgängers, der Radstand legt um einen Zentimeter auf 2,59 Meter zu. Das sind ordentliche Dimensionen. Eigentlich. Wer sich jedoch die Mühe macht, hinten Platz zu nehmen, der wird enttäuscht. Erstens sind Ein- und Ausstieg unbequem und zweitens wird es das schon sehr eng, wenn, wie in unserem Fall, der Vordersitz auf einen 1,75 Meter großen Fahrer eingestellt ist. Für Beklemmung sorgt auch die hohe Fahrzeugschulter und die nach hinten abfallende Dachlinie. Der Blick nach draußen ist jedenfalls ziemlich eingeschränkt. So wie die Sicht nach hinten durch die Heckscheibe.
Salz- und Pfeffer-Optik im Cockpit – diskussionswürdig!
Vorne sitzt man hingegen sehr komfortabel, auch wenn sich die etwas teigigen Sitze sich nicht unbedingt nach Langstrecke anfühlen. Aber bon, wir befinden uns ja auch in einem Kleinwagen, der zu einem sehr anständigen Preis angeboten wird. Da muss man beim Interieur einfach Abstriche machen. Außer auf den Armlehnen finden wir keine unterschäumten und überzogene Flächen, sondern ziemlich viel Hartplastik. Und leider klimpern die Innendesigner immer noch auf der Klavierlack-Tastatur. Mesdames et Messieurs - dieser Trend ist fini! Die schwarz glänzenden und pflegeintensiven Oberflächen finden sich sowohl auf der Lenkradtastatur als auch auf dem Armaturenbrett. Also immer Wischtuch dabeihaben.
Das Lenkrad hingegen ist dem Trend entsprechend abgeflacht, liegt gut in der Hand - und das Kunstleder fühlt sich angenehm an. Für kontroverse Diskussionen dürfte der stoffartige Bezug in Salz- und Pfeffer-Optik auf dem Armaturenbrett (Techno) sorgen. Unsere Meinung: Kann man machen. Indiskutabel sind jedoch die Lautsprecher-Verkleidungen in den Türtafeln, da weht ein Hauch der weniger schönen Siebziger Jahre. Und dann sind da noch die nicht gerade ansehnlichen Plastikspangen, ebenfalls in der Tür, die als Ambientelicht dienen oder vor einem anderen Fahrzeug im toten Winkel warnen. Noch ein Wort zum Kofferraum. Die Ladehöhe ist zwar um vier Zentimeter geschrumpft, aber es geht immer noch ziemlich tief hinab, bis man sein Gepäck verstaut hat. Unpraktisch auch: Bei umgeklappter Rückbank entsteht eine ziemlich hohe Stufe. Das Ladevolumen hingegen ist mit 391 und 1.176 Liter standesgemäß.
Infotainment: Google fährt mit
Modern, praktisch gut: Das Cockpit mit dem jeweils zehn Zoll großen digitalen Tacho und dem Touch-Infotainment-Screen kennt man so schon aus den Elektro-Brüdern R 4 und R 5. Die Software liefert Google - und ist von daher bewährt. Erst im neuen Jahr kommt der KI-Assistent Gemini dazu, wir mussten im Testwagen mit dem alten Google-Assistant leben, der sich beharrlich weigerte, die Frage nach der Größe von Emmanuel Macron zu beantworten. Nicht gut platziert ist der Startknopf, der sich hinter Scheibenwischerhebel und dem unförmigen Laustärkeregler am Lenkrad versteckt. Davor liegt auch noch der Automatik-Wahlhebel, da kann man sich schon mal verheddern und betätigt so manches Mal das Wischwassser, statt den Gang einzulegen.
Hybrid oder nicht hybrid: Nur noch zwei Motorisierungen
Also Gang einlegen stimmt natürlich nicht ganz. Wir konnten nämlich nur die Top-Motorisierung mit dem Full Hybid Antrieb und Automatik fahren. Hier arbeiten ein 1,8 Liter großer Vierzylinder mit einem elektrischen Startergenerator Hand in Hand. Zusammen bringen sie 160 PS und ein Drehmoment von 270 Nm Drehmoment auf die Straße. Überschüssige Energie wird ein einem 1,4 kWh großen Batterie gepuffert. Bei Stadtfahrten soll der Renault damit zu 80 Prozent rein elektrisch fahren. Müssen wir so glauben, auch wenn das der absolute Idealfall ist. Insgesamt soll der Verbrauch sogar unter vier Liter sinken. Wir hatten 4,9 Liter auf der Anzeige und fanden das auch schon ziemlich anständig. Als Einstiegs-Motorisierung gibt es darüber hinaus noch den 1,2 Liter großen Dreizylinder-Benziner mit 115 PS, wahlweise mit Schalter oder Automatik.
Wenn man den Full Hybrid E-Tech 160 locker laufen lässt, ohne an die Leistungsgrenzen zu gehen, macht das Fahren einigermaßen Spaß. Wer es sportlich angeht und das Gaspedal durchdrückt, wird mit einem ruppigen Motorsound bestraft, weil sich der Benziner schon ziemlich anstrengen muss und bei leerer Batterie ja keine Unterstützung mehr durch die E-Maschine bekommt. Von 0 auf Tempo 100 dauert es übrigens 8,3 Sekunden. Die Lenkung des Clio ist präzise und gut abgestimmt. Das Fahrwerk hingegen macht seine Sache nur durchschnittlich. Zwar bewältigt es größere Straßenbuckel mit Bravour, bei längeren Bodenwellen schaukelt sich das Fahrzeug jedoch auf. Und wenn die Straßenqualität zu südländisch wird, dann kommt Unruhe in den Aufbau. Auf einer Skala von 1 bis 6 würden wir eine 3 geben
Punktladung bei den Preisen: Basis unter 20.000 Euro
Womit wir auch schon bei den Preisen sind. Da hat Renault beim Basismodell TCe 115 eine Punktladung hingelegt. 19.900 Euro - so viel kostet die Ausstattungsvariante „Evolution“. Sie steht auf 16-Zöllern und hat schon die adaptive Geschwindigkeitskontrolle. Bei „Techno“ kommt der Clio schon mit allen Google-Diensten daher und auch die Rückfahrkamera ist mit dabei. Das Ganze ab 21.600 Euro. Der Full Hybrid E-Tech 160 startet bei 24.400 Euro. Noch mal 3.200 Euro drauflegen muss man für die oberste Ausstattungsvariante „Esprit Alpine“. Dann fährt der Clio erstmals auf 18-Zöllern, hat eine Ladeschale für Smartphones, außerdem kann er teilautonom fahren, was er übrigens unaufgeregt und mit Bravour erledigt.
Erstes Fazit
Wird auch die sechste Generation des Renault Clio in die (Firmen-)Geschichte eingehen? Das halten wir für gut möglich, weil die Franzosen einen preislich interessanten Verbrenner anbieten, der auch beim Verbrauch nicht den Geldbeutel strapaziert. Der Clio schüttelt sein knuddeliges Image ab und legt bei der Optik an Charakter zu. Interieur und Fahrleistungen haken wir unter der Rubrik Hausmannskost ab. Aber die schmeckt ja meistens gut. Und für echte Sterne-Kost muss halt dann auch viel tiefer in die Tasche greifen. (Text: Rudolf Bögel | Fotos: Renault / Bögel)
Alle Artikel
Alle ansehen
Test Renault Rafale E-Tech Full Hybrid 200 (2025): Ein Auto, das Rekorde bricht?

Test Renault Clio TCe90 Techno: Die neue Lust am Kleinwagen
